Hilfe nach einer Fehlgeburt | Was können Angehörige tun?

In diesem Post soll es um ein sehr sensibles Thema gehen: Fehlgeburten.
Wie können Familie, Freunde oder andere Angehörige mit den betroffenen Eltern umgehen; was tut gut, was verletzt?


Nachdem auch ich die schmerzliche Erfahrung machen musste, ein Baby zu verlieren, habe ich mich mit vielen anderen Eltern ausgetauscht, die das selbe oder ein ähnliches Schicksal erlebt haben.
Dabei waren wir uns in vielen Dingen einig, fühlten uns oft missverstanden oder nicht wirklich ernst genommen.
Darum habe ich beschlossen, diese Erfahrungen in diesem Post zu sammeln und so vielleicht einigen Angehörigen zu zeigen, was in dieser (für alle Seiten) schweren Situation wirklich hilft.

Wenn ein Kind stirbt, dann ist das das Schlimmste und Verstörendste, was man sich als Eltern vorstellen kann. Egal, ob das Baby bereits im Mutterleib gestorben ist oder erst nach der Geburt.
Und wenn man es nicht selbst erlebt hat, dann kann man es sich nicht einmal vorstellen.
Es ist unmöglich, den Schmerz nachzuempfinden, den die Trauernden ertragen müssen.


Und gerade darum ist es wichtig, dass man sich als Trauernder auf seine Lieben verlassen kann, den Rücken gestärkt bekommt, sich verstanden fühlen kann und aufgefangen.
Viele Menschen im Umfeld reagieren abweichend, wissen nicht, was sie sagen sollen (oder trauen sich nicht) oder gehen Begegnungen und Gesprächen gänzlich aus dem Weg.
Das liegt wohl in der Natur der Menschen. Man möchte den Tod und alles was dazu gehört so gut und lange es geht aus seinem Leben fern halten. Man möchte sich nicht vorstellen, wie es wäre, selbst betroffen zu sein – der Tod ist ein Mysterium, jeder kennt ihn, doch keiner weiß, was er wirklich bedeutet.
Kommt es doch zu einer Gesprächssituation, haben die Mitmenschen oft das Gefühl, sie müssten die Fehlgeburt in ihrer Auswirkung herunterspielen, damit es den Betroffenen besser geht.
Ich bin mir sicher, dass das alles immer gut gemeint ist. Doch oftmals kommt es so leider nicht an.
Darum habe ich hier einmal die Sätze gesammelt, die am häufigsten in diesem Zusammenhang fallen:

„Es wird schon einen Sinn haben.“
„Vielleicht war es krank, dann war es besser so.“
„Es war doch noch gar kein richtiges Kind.“
„Stell dir vor, du hättest es später verloren, dann wäre es noch schlimmer gewesen.“
„Du konntest doch noch gar keine richtige Bindung zu dem Baby aufbauen.“
„Wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere.“
„Guck doch mal, du hast einen Mann, ein Haus…“
„Du hast doch schon ein gesundes Kind. Freu dich doch darüber. Andere haben noch gar keine Kinder.“
„Du bist noch so jung. Du kannst noch 10 gesunde Kinder bekommen.“
„Andere versuchen es jahrelang. Bei euch hat es so schnell geklappt, es wird auch wieder klappen.“
„Das ist doch nun schon 5 Monate her, du musst langsam wieder neuen Mut fassen.“

Diese und ähnliche Sätze sind verletzend. Ein gestorbenes Kind, egal wie alt, egal das wievielte, kann nicht ersetzt werden. Auch nicht durch ein anderes Kind oder eine neue Schwangerschaft. Diese Sätze verletzen so sehr, weil sie den Betroffenen das Gefühl geben, das alles sei nicht so schlimm. Man fühlt sich eingegrenzt und unter Druck gesetzt. Fertig zu werden mit der Trauer, nicht zu übertreiben und zu vergessen.
Doch das kann und möchte man nicht. Jeder trauert anders. Manche Elternpaare legen eine Pause ein, brauchen sehr lange, das Geschehene zu verarbeiten. Andere versuchen nach recht kurzer Zeit wieder schwanger zu werden, weil es sich für sie richtig anfühlt.
Aber jeder wünscht sich in dieser Situation ein offenes Ohr. Jemanden, der zuhört, da ist und Trost spendet, abwartet und geduldig ist.
Was kann also helfen und unterstützen?


Ganz wichtig ist, ehrlich zu sein. Wenn ihr euch unsicher seid, nichts falsches sagen möchtet, dann sagt es.
„Weißt du, ich möchte dir gern helfen, aber ich weiß nicht wie. Ich möchte dich nicht verletzen, aber für dich da sein.“
Denn das ist das Wichtigste. Das Angebot, immer da zu sein, damit sich niemand allein gelassen fühlt.
„Ruf mich an, wenn du reden möchtest. Sag bescheid, wenn du vorbeikommen möchtest oder Hilfe brauchst. Ich bin da, wenn du einfach nur in den Arm genommen werden willst oder jemanden zum Zuhören brauchst.“
Es helfen keine Ratschläge, medizinische Tipps oder Aufklärungen über Fehlgeburten. Oft haben die Eltern das schon lange verstanden. Sie werden aber nie verstehen können, warum ihnen dieses Unglück passiert ist. Und das kann auch niemand erklären. Ein gebrochenes Herz kann man nicht mit Worten heilen.

Ich selbst hatte anfangs das Gefühl, allein zu sein. Und wenn man sich allein fühlt, weiß man nicht, wohin mit seinen Gedanken und Gefühlen. Wohin mit dem Schmerz, der Trauer, den Tränen.
Als ich dann den Mut gefasst hatte, in einem Video darüber zu reden, wie ich mich fühle, was mir passiert ist, fühlte ich mich gleich besser. Ich lernte viele Mamas kennen, wir tauschten uns aus. Und auch entstand ein lieber Kontakt zu vielen Menschen, die sich das Erlebte in keinster Weise vorstellen können oder selbst erlebt haben, die aber zugehört und Trost gespendet haben. Und das tat gut.


Versucht, die Betroffenen so gut es geht einzubinden. Es tut gut, zu wissen, dass man nicht vergessen wird. Einladungen zu Treffen, Angebote zum Kaffeetrinken oder anderen Aktivitäten sind ein Zeichen dafür, dass man nicht ausgegrenzt wird, auch wenn man sich gerade in einer anderen Situation befindet.
Offen jedoch sollte immer die Möglichkeit sein, abzusagen oder früher zu gehen, wenn es zu viel wird oder man sich nicht wohl fühlt oder warum auch immer – ohne sich dafür rechtfertigen zu müssen.

Man sollte generell immer beachten: Für Außenstehende war das Baby vielleicht noch nicht real, man konnte keine Bindung aufbauen oder sich darauf einstellen. Die Eltern allerdings schon. Es ist schwer, mit so einem Erlebnis weiterzuleben und die Fehlgeburt zu verarbeiten.
Und dabei helfen Menschen, die das respektieren und zueinander halten. Ohne Ansprüche.


3 Gedanken zu “Hilfe nach einer Fehlgeburt | Was können Angehörige tun?s”

  • 1
    Jana.D am 6. Februar 2016 Antworten

    Das hast du einfach toll beschrieben und geschrieben. Danke dafür

  • 2
    Jana.D am 6. Februar 2016 Antworten

    Das hast du einfach toll beschrieben und geschrieben. Danke dafür

  • 3
    Maria Ulbrich am 8. Februar 2016 Antworten

    Liebe Anna,
    du hast absolut recht mit deinen Gedanken. Ich würde nur gerne noch einen Aspekt ergänzen. Nämlich das einzige was mir beim Trauern wirklich geholfen hat: Das verlorene Kind musste für mich so real wie möglich werden. Das heißt es hat nicht nur ein Geschlecht, sondern auch einen Namen und einen Geburtstag bekommen bzw. ja gehabt. Außerdem haben wir unsere beiden Sterne taufen lassen und sie sind auch bei uns zu Hause präsent, wenn auch dezent. Auch unser Großer (3 Jahre) weiß, dass er noch zwei Schwestern hat und wo sie jetzt sind. Ich weiß, das ist bei eurer Nela der Fall, aber hier in der Aufzählung fehlt es mir ein bisschen. Ich wollte bei meinen zwei Fehlgeburten nicht einfach über den Verlust eines Babys sprechen, sondern über mein Baby. Ich wollte (vielleicht nicht ganz von Anfang an) erzählen, dass ich noch zwei Kinder habe und diese, weniger meine Trauer, sollen auch als solche von meinem Umfeld akzeptiert werden und dürfen nicht kleingeredet werden.
    Dass das verlorene Kind existent ist und von mir, bzw. den Eltern auch als solches behandelt wird, muss, glaube ich, vom Umfeld wahrgenommen werden können und akzeptiert werden, um im Trauerprozess hilfreich sein zu können und das wird durch eine festgelegte Identität für alle einfacher.
    Liebe Grüße

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert