Was ein Vater bereut…


Eine Frage, die ich mir immer wieder stelle, weil sie mir immer wieder gestellt wird. Manchmal nur unterschwellig, ohne dass es jemand wirklich klar ausspricht. Aber in vielen Gesprächen, kann man das eindeutig raushören.
Oft wird man auch so mitleidig angeguckt.

Beispiel: Die Studienkumpel verabreden sich abends zur Sauftour. Bar, Club, Disko, Kotzen.
Ungefähr in dieser Reihenfolge.
Ich hab meistens abgesagt. Aber nicht, weil ich von zu Hause aus den Druck hatte, dass ich da nicht hin durfte. Sondern aus zwei anderen Gründen.

Erstens: Wollte ich Anna nicht mit zwei Kindern allein lassen, weil ich aus meiner eigenen Erfahrung aus der Elternzeit weiß, wie sehr man sich freut, wenn jemand nach Hause kommt, der normal mit einem reden kann…

Zweitens: Wollte und will ich die Zeit mit meinen Kindern verbringen. Ich will für sie da sein und möchte auch, dass sie für mich da sind. Denn es ist ja nicht so, dass man als Vater nur gibt.
Geld oder Zeit. Oft wird es ja leider so dargestellt.
Ich zum Beispiel erhalte von meinen Kindern nicht nur Liebe und Zuneigung, sondern einfach ein gutes Gefühl. Und, wie schon ganz oft beschrieben, erhalte ich eine ganze Portion Selbstvertrauen, weil, man einfach ein Ergebnis seiner (Erziehungs-) Arbeit sieht.

Ich wurde mal wiederholt zu Männerabenden eingeladen. Immer wieder. Und immer aber so kurzfristig, wie man es meist nur planen kann, wenn man keine Kinder hat. Wir sind oft über Wochen hinweg verplant. Familie, Freunde, Elternabend, Job, Freizeit…Ihr kennt das ja.

Und als ich das 3. oder 4. Mal abgesagt hab, bekam ich den Satz zu hören:
„Freundschaften muss man pflegen, sonst vergehen Sie. Mit deiner Familie kannst du noch dein ganzes Leben verbringen.“

Ein Satz bei dem ich schlucken musste.

Jeder der Kinder hat, der weiß, wie schnell die Zeit vergeht, in dem die Kinder einem immer und immer schneller entwachsen zu drohen. Wie wichtig es ist, soviel Zeit wie möglich mit den lieben Kleinen zu verbringen. Denn DAS vergeht schnell und kommt nie wieder. Und Omas und Opas vergehen auch. Manchmal schneller als man denkt. Auch das mussten wir schon schmerzlich erfahren.

Und dann noch etwas anderes. Ich sage solche Parties nicht nur wegen meinen Kindern ab.
Ich habe in meinem Leben Erfahrungen gemacht, die mir gezeigt haben, dass es nicht wichtig ist, sich in dem Sinne auszutoben, in dem man sich jedes Wochenende besäuft und danach scheiße baut.

Noch dazu war ich nie der Typ, der besonders drauf stand.

Von daher, find ich es nicht schlimm, nicht an solchen Parties oder so teilnehmen zu können.
Prinzipiell bin ich ein Mensch, der Umstände akzeptiert und davon ausgehend nach Lösungen und neuen Wegen sucht. Ich bin niemand, der unbedingt an festen Dingen festhalten muss.


Doch zurück zur Frage: Was bereue ich?

Ich bereue nicht, dass ich länger studieren muss als meine Kommilitonen, weil ich ein Semester Elternzeit eingelegt hab.

Ich bereue nicht, dass ich diese Elternzeit genommen habe und somit sehr sehr wertvolle Erfahrungen sammeln konnte, mit deren Hilfe ich auch viel über mich selbst gelern hab.

Ich bereue nicht, dass ich Anna in jeder ihrer Entscheidungen unterstützt habe, ob Geburtshaus, Ausbildungsunterbrechung oder die Entscheidung, sich auf Youtube zu konzentrieren.

Ich bereue nicht, dass sich Freundschaften verflüchtigt haben. Denn es entstanden neue. Und etwas aufrechtzuerhalten, nur weil es schon da ist, halte ich für schwachsinnig, wenn es nur erzwungen werden muss.

Ich bereue nicht, dass wir unsere Kinder größtenteils selbst und ohne besonders große familiäre Unterstützung betreut haben. Wir konnten so beweisen, dass wir dem gewachsen sind und müssen uns nie vorwerfen lassen, dass wir es ja ohne unsere Familien nie geschafft hätten.

Ich bereue es nicht, dass ich keine Erfahrungen im Ausland sammeln konnte. Denn ich konnte Erfahrungen sammeln, die mich genauso weitergebracht und gestärkt haben. Die meinen Horizont erweitert haben. Nur eben auf eine vollkommen andere Weise.

Ich bereue es auch nicht, mich so früh gebunden zu haben. Ich habe das nicht geplant, sondern es ist einfach passiert. Und wie gesagt, ausgehend von einer Situation entscheide ich immer spontan, wie es nun weiter geht und was wohl am besten für mich ist. Und das war einfach immer und in jeder Situation Anna.

Ich bereue auch nicht, dass Anna die einzige ist, mit der ich bisher sexuelle Erfahrungen sammeln durfte. Sie gibt mir alles, was ich brauch. Darüber kann man lachen, schmunzeln und scherzen. Mit Unverständnis oder Mitleid reagieren. Oder mit Respekt, vielleicht sogar Anerkennung. Zumindest aber einfach mit Offenheit und Empathie.


Insgesamt gibt es in meiner ganzen Zeit als Partner und Papa nur eine einzige Sache, die ich bis heute bereue.

Und das war, dass ich Nela, unser Sternenkind, nicht zu hundert Prozent als positiv gesehen habe. Ich hab gezweifelt, zu sehr auf kritische Stimmen gehört, die uns einreden wollten, wir schaffen das nicht oder wir sollten das gar nicht versuchen. Weil Ausbildung und Studium so wichtig sind. Ich habe nicht auf mein Inneres gehört und Anna nicht genügend gestützt.
Das tut mir bis heute unendlich doll leid.

Doch auch hier gilt: Nichts passiert ohne Grund. Als ich im Krankenhaus neben Annas Bett stand und ihre Hand hielt, wurde mir klar, wie krank es ist, sich zu überlegen, ob ein Kind etwas Gutes ist.
Ich entschied mich ganz bewusst dafür, es mit Anna noch einmal zu versuchen.
Nun haben wir unser nächstes Wunder, was mittlerweile seit 6 Monaten unseren Alltag aufmischt.
Und ich weiß nun einfach nur, dass ein Kind immer etwas Gutes ist.Was es für ein Glück ist, mit sowas gesegnet zu sein.

Und dass es nichts ist, was man bereuen sollte…

PS: Franz gibt’s auch auf Instagram.


20 Gedanken zu “Was ein Vater bereut…s”

  • 1
    Marci Bayer am 14. November 2015 Antworten

    Super schön geschrieben Danke dafür!

  • 2
    Lui am 14. November 2015 Antworten

    Tolle Worte Franz! Danke dass du das geteilt hast.

  • 3
    indianary am 14. November 2015 Antworten

    Dieser Kommentar wurde vom Autor entfernt.

  • 4
    Hanna am 14. November 2015 Antworten

    Zu eurem Thema fällt mir ein Artikel ein, den ich auch schonmal geschrieben habe. Aber im Grunde sehr gut dazu passt: http://familiert.de/ich-eine-unverantwortliche-mutter/

    Oft wird das Bereuen von Sachen nämlich auch mit Verantwortungslosigkeit abgetan. Das es Verantwortungslos war ein Kind zu kriegen und man es deswegen Bereuen sollte. So nach dem Motto. Ich finde es toll, wie du, Franz, das ganze Thema siehst und wahrnimmst. Das macht euch als Familie unglaublich stark.

  • 5
    Anonym am 14. November 2015 Antworten

    Wirklich schön und ehrlich geschrieben. Macht weiter so ihr 4.

  • 6
    Janinaloves am 15. November 2015 Antworten

    Sehr schön und ehrlich geschrieben, Anna hat echt glück mit dir, dass du in deinem Alter schon so ein Familienmensch bist!

  • 7
    Juli_ etta am 15. November 2015 Antworten

    Wunderschöne Worte die einen sehr berühren!

  • 8
    Mama Bohne am 15. November 2015 Antworten

    Sehr schön geschrieben. Allerdings muss ich sagen, dass ich bei einigen Sachen nicht zustimmen kann. Ich bin selber erst 25. Habe zwei Söhne. Einer 6 Jahre, der andere 3 Monate. Ich liebe meine Kinder über alles und ich liebe meinen Mann (mit dem ich fast 9 Jahre zusammen bin) über alles. ABER: Irgendwann kommt dieser Punkt, an dem man merkt dass das nicht alles ist.! Man merkt das Freunde wichtig sind. Das ausgehen wichtig ist. Ob Kino oder Party, ganz egal. Auch mal ohne Partner sein! Irgendwann kommt eben so ein Moment. Ich dachte lange ich brauche nicht mehr als meinen Mann und meine Kinder. Aber dabei blieb es nicht und das ist auch nicht schlimm. Das Leben spielt einfach so. Sagnieniemals nie ^^

  • 9
    Katharina Donat am 15. November 2015 Antworten

    Sehr schöne Worte!

  • 10
    Katharina Donat am 15. November 2015 Antworten

    Sehr schöne Worte!

  • 11
    Mamamulle am 15. November 2015 Antworten

    Sehr schöne Worte lieber Franz! Und doch solltest du dich mal wieder aufraffen, abends weg und was mit deinen Kumpels machen. =) Man muss sich ja nicht groß besaufen oder kotzen. ^^

  • 12
    Anna am 15. November 2015 Antworten

    Hi, danke für deinen Kommentar (:
    Was im Text vielleicht etwas falsch rüber kam: Wirrwarr natürlich trotzdem Freunde. Er hat seine, ich meine, wir unsere. Er geht mit denen auch ins Kino. Oder mit Kollegen.
    Aber wir habe gelernt, dass man sich auch von vielen Freunden verabschieden muss, weil es irgendwann durch die verschiedenen Situationen nicht mehr passt. Aber dafür kommen neue Freundschaften zustande, auf die man aufbaut. (:

  • 13
    Anna am 15. November 2015 Antworten

    Danke Maggy (:
    Das macht er ja. Kino zb. Aber eben genau dieses "richtige" feiern, was ja immer als so geil angepriesen wird, ist und war einfach nicht unser Ding. Wenn wir das aber irgendwo erzählen, werden wir gleich mitleidig angesehen, als könnten wir das nur wegen den Kindern / Partnern nicht. Aber so ist es nicht, wir wollen und mögen es einfach nicht 😀 aber wie gesagt, mit unseren (neuen) Freunden, die wir kennenlernen durften, Unternehmen wir regelmäßig etwas (:

  • 14
    Anna am 15. November 2015 Antworten

    Danke Maggy (:
    Das macht er ja. Kino zb. Aber eben genau dieses "richtige" feiern, was ja immer als so geil angepriesen wird, ist und war einfach nicht unser Ding. Wenn wir das aber irgendwo erzählen, werden wir gleich mitleidig angesehen, als könnten wir das nur wegen den Kindern / Partnern nicht. Aber so ist es nicht, wir wollen und mögen es einfach nicht 😀 aber wie gesagt, mit unseren (neuen) Freunden, die wir kennenlernen durften, Unternehmen wir regelmäßig etwas (:

  • 15
    Farina am 16. November 2015 Antworten

    Sehr schön geschrieben! Bleibt so offen und ehrlich, wie ihr seid 🙂
    LG Farina

  • 16
    Anonym am 22. November 2015 Antworten

    Ganz toller Text. Ich mag euch sehr und finde ihr macht das klasse.

  • 17
    Unknown am 20. Januar 2016 Antworten

    Ganz toller Text!! Hat mich sehr berührt. Ich finde es so toll wie ihr zusammenhaltet und alles meistert!

  • 18
    Anonym am 21. Oktober 2016 Antworten

    Ich sehe meine kleine Familie in euch 😀
    Ich bin die erste Partnerin meines Freundes, er blieb bei mir, als ich von ihm schwanger wurde und nun bin ich mit unserem zweiten Zwerg schwanger. Er unterstützt mich in allem, und ich ihn. Auch er studiert länger und ich verlängere meine Ausbildung nun um ein halbes (oder ganzes) Jahr. Ich bereue es nicht, dass Partys nicht mehr im Mittelpunkt stehen. Leute kommen, Leute gehen. Mir geht es damit sogar in der Tat besser. Und auch den Punkt Fehlgeburt kann ich nachfühlen, unser Sternchen verlor ich in der 12. Woche.
    Und tatsächlich regeln wir das Meiste auch ohne familiäre Hilfe. Schön zu wissen, dass es auch andere junge Familien gibt, die das so geschaukelt kriegen.

  • 19
    Anonym am 21. Oktober 2016 Antworten

    Hm.viele Punkte kann ich so unterschreiben.allerdings solltest du nicht auf alles was dich persönlich weiter bringt verzichten.ein Auslandsaufenthalt gibt dir nochmal andere Herausforderungen als die Familie,ich habe beides,deshalb kann ich dir nur raten die Kombination ruhig zu probieren.ausserdem gibt es ab und zu nichts besseres als eine Nacht durchzutanzen (das Kotzen am ende hatte ich allerdings noch nie als Ziel,allerdings schreibt hier eine Frau,da läuft das wohl etwas anders ab ^^). Ich bin gerade mit meinem zweiten Kind schwanger.drei Wochen nach et geht es nach Israel.recherche für die Doktorarbeit machen.derweil ist die grosse bei Oma und Opa,der kleine kommt mit.klar ist das erst mal etwas anders als man es so kennt,aber da sowohl mein Partner als auch ich unsere Träume arbeitstechnisch Leben dürfen,ist es uns das wert.allerdings verzichten wir natürlich auf den luxus sagen zu können "wir haben alles alleine geschafft",wenn die grosse mit drei dann in den Kindergarten geht,kann ich zumindest sagen "wir schaffen es mit Hilfe von fremd Betreuung gut durch die Woche" aber vorerst muss ich eben noch sagen "ohne Schwiegereltern müsste ich komplett daheim bleiben".

    • 20
      Pappa_Franz am 28. Februar 2017 Antworten

      Um Gottes Willen! Natürlich ist ein Auslandsaufenthalt extrem wertvoll als Erfahrung. Das möchte ich keinesfalls bestreiten. Insbesondere solche Programme wie der Europäische Freiwilligendienst bzw. generell das ganze ERASMUS+ Programm mit all seinen Möglichkeiten können da ganz viel bewirken.
      Ich habe es nur teilweise so erlebt, dass es als großes Manko angesehen wird, wenn man sowas nicht macht (bzw. machen konnte oder wollte).
      Und in manche Lebensentwürfe passt es manchmal nicht rein. Nur das wollte ich damit zum Ausdruck bringen.

Schreibe einen Kommentar zu Katharina Donat Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert